Schädigung des „Nervus radialis“ - Physiotherapie bei der Katze und beim Pferd
Eine Schädigung des Nervus radialis kommt tatsächlich gar nicht sooo selten vor. In meiner mobilen Tierphysio Fahrpraxis habe ich immer wieder den ein oder anderen Patienten.
Aktuell habe ich in Behandlung: Ein Fohlen nach Weideunfall und eine Freigänger-Katze nach (vermutlich) Kampf/Sturz.
⚠️ VORAB WICHTIG sind:
‼️ Eine schnelle Diagnostik
‼️ Eine sichere Diagnose seitens eines Tierarztes
‼️Ausschluss weiterer Verletzungen
‼️ Schneller Therapie-Beginn

Was ist eine Radialis Schädigung/Parese?
Bei der Radialisparese oder der Lähmung des Nervus radialis (N. radialis) handelt es sich um eine schlaffe Lähmung der vorderen Extremität, die durch Verletzung oder Quetschung des Radialisnervs entsteht.
Der Radialisnerv entspringt aus dem Plexus brachialis – Das ist ein Nervengeflecht, welches aus dem Rückenmark kommt. Der N. radialis ist für bestimmte Muskeln und
Hautbereiche der Vorderhand zuständig. Eine Verletzung führt zu charakteristischen
Ausfällen in Muskelaktivität und Sensibilität (Berührungswahrnehmung). Der proximale (rumpfnahe) Anteil des Radialisnervs aktiviert den Trizepsmuskel, der eine wichtige Rolle beim stabilen Stand spielt: seine Hauptfunktion ist die Streckung im Ellenbogengelenk. Der distale (rumpfferne) Anteil des Radialisnervs versorgt die Muskeln die Karpalgelenk und Zehen strecken.
Eine Schädigung betrifft also vor Allem die Streckfunktion des Vorderbeins und führt zu vermehrter Beugung.
Ist ein Nerv geschädigt, kann er keine Signale mehr an die Muskeln in seinem Versorgungsgebiet senden. Die Muskeln können nicht mehr aktiviert und genutzt werden. Sie fallen aus und verkümmern schon nach kurzer Zeit. Diesen Muskelrückgang nennt man Atrophie.
Je nach Ort der Nervenschädigungen fallen mehr oder weniger Muskeln aus. Befindet sich die Verletzung oberhalb des Ellenbogengelenks, betrifft die Lähmung die gesamte Streckermuskulatur des Beins. Das Vorderbein kann nicht mehr gestreckt werden. Ellenbogen, Karpalgelenk und Zehen bleiben gebeugt. Somit ist auf dieser Extremität kein Stand mehr möglich. Diese Form wird proximale Radialisparese genannt. Bei einer Verletzung unterhalb des Ellenbogens (distale Radialisparese) sind die Auswirkungen weniger drastisch. Das betroffene Bein bleibt im Karpalgelenk und den Zehengelenken gebeugt und wird oft auf dem Fußrücken aufgesetzt (Überköten).
Was können die Ursachen für eine Radialisparese sein?
Der Radialisnerv wird häufig bei traumatischen Ereignissen verletzt: Ein Autounfall oder ein Sturz aus großer Höhe (vor allem bei Katzen) kann zu einem Abriss oder einer Überdehnung des Radialisnervs führen. Auch als Begleitverletzung bei Brüchen (Frakturen) tritt häufig eine Lähmung des N. radialis auf.
Ein länger andauerndes Abdrücken des Nervs oder seiner Blutversorgung führt ebenfalls zum Absterben von Nervenzellen und zu einer Lähmung. Diese Gefahr besteht zum Beispiel bei Pferden die festliegen, oder während einer Operation, bei der das Pferd lange auf einer Seite gelagert werden muss.
Welche Symptome treten bei einer Radialisparese auf?
Durch den Ausfall der Muskulatur und der Sensibilität im Versorgungsbereich des Radialisnervs treten typische Symptome auf: Die betroffene Extremität wird entlastet und übernimmt kein Gewicht. Das Pferd, der Hund oder die Katze kann das Vorderbein nicht aktiv nach vorne führen.
Bei der sogenannten „Kusshandstellung“ hängt das betroffene Vorderbein leicht gebeugt, Huf oder Pfote werden nicht komplett aufgesetzt sondern nur am vorderen Rand. Das Bein wirkt länger als normal.
Wird die Pfote aufgestellt, schlägt diese auf die Rückseite um, das "Überköten".

Reflexe funktionieren gar nicht oder sind stark verzögert. Die Sensibilität, also das Tast-Empfinden, kann ganz oder teilweise ausfallen. Häufig ist der Bereich des Pfotenrückens betroffen. Das Tier nimmt Berührungen oder Schmerzen nicht wahr. Gleichzeitig kann die Tiefen-Sensibilität beeinträchtigt sein. Das bedeutet, dass das Tier keine Informationen darüber bekommt in welcher Position sich das Bein oder die Pfote gerade befindet.
Die Muskulatur, für die der Radialisnerv zuständig ist, kann nicht mehr aktiviert werden und verkümmert. Es entsteht eine sogenannte Muskelatrophie, vor allem im Bereich des Schulterblatts. Der Unterschied zur gesunden Seite ist deutlich zu sehen. Sind Gelenke dauerhaft in Beugestellung, verkürzen Muskeln und Sehnen schon nach kurzer Zeit – Eine Kontraktur ist die Folge. Ist eine Kontraktur entstanden, lässt sie sich nur schwer wieder rückgängig machen.
Besonderheiten bei der Katze
Neben Autounfällen sind für Katzen Stürze beim Klettern eine besondere Gefahr. Katzen können sich grundsätzlich gut abfangen: Der Stellreflex sorgt dafür, dass sie sich in der Luft drehen und normalerweise auf den Pfoten landen. Bei zu großer Höhe oder sehr hartem Untergrund wie Beton oder Asphalt besteht dennoch ein hohes Risiko für einen Knochenbruch mit begleitenden Nervenverletzungen. Auch ein Absturz aus dem Fenster oder vom Balkon bei Wohnungskatzen kann schlimme Folgen haben. Katzennetze oder Gitter an Fenstern und Balkon sind ein guter Schutz.
Besonderheiten beim Pferd
Der Radialisnerv verläuft in einer Furche auf der Seite des Oberarmknochens. An dieser Stelle kann er leicht verletzt werden: Beispielsweise durch einen heftigen Schlag bei einer Rauferei auf der Koppel. Zu langes Liegen auf der Seite kann den Radialisnerv ebenfalls schädigen. Deshalb wird bei einer Operation in Seitenlage der Schulterbereich besonders unterpolstert. Vorsicht ist auch beim längerem Festliegen geboten – hier kann der Radialisnerv und seine Blutversorgung leicht abgedrückt werden.
Die typische Kusshand ist ein deutlicher Hinweis auf eine Radialislähmung. Das betroffene Vorderbein wirkt schlaff und sieht länger aus, die Hufspitze kann nicht angehoben werden. Das Pferd kann das Vorderbein nicht aktiv nach vorne führen. Wird das Bein passiv nach vorne gebracht und abgestellt, kann das Bein aber problemlos Gewicht übernehmen. Dieses Phänomen wird in der tierphysiotherapeutischen Behandlung genutzt: Der Therapeut hilft dem Pferd mit einem Tuch oder Gurt, das Vorderbein vorzuführen und ermöglicht so das Gangtraining.
Wenn die Lähmung so stark ausgeprägt ist, dass das Pferd das betroffene Vorderbein nachschleift, entstehen schnell Schürfwunden am Fesselkopf. Hier ist besonderer Schutz nötig, um Komplikationen und Folgeschäden zu vermeiden.
Wie kann eine Radialisparese diagnostiziert werden?
Durch die Anamnese, also die Befragung des Besitzers über das Unfallgeschehen oder die Entstehung der Erkrankung, können schon wichtige Hinweise gewonnen werden. Die typische Haltung des Vorderbeins in „Kusshandstellung“ und das „Überköten“ oder Umschlagen der Pfote sind weitere Diagnosekriterien.

Zusätzlich schließt sich eine neurologische Untersuchung an: Reflexe, Sensibilität, Muskelaktivität und Beweglichkeit werden getestet. Bestimmte Stellreaktionen zeigen, ob die Koordination und die Eigenwahrnehmung gut funktionieren. Durch bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie oder Kontrastmittelröntgen (Myelographie) können zusätzliche Informationen über das Ausmaß der Nervenschädigung gewonnen werden. Auch möglicherweise vorhandene Begleitverletzungen kann der Tierarzt so erkennen.
Welche Folgen kann eine Radialisparese haben?
Eine Radialisparese führt sofort zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Lähmung des betroffenen Vorderbeins.
Diese Lähmung verändert das Gangbild. Überköten der Pfote und Schleifen des Beins können zu Verletzungen und Scheuerstellen führen, die schlecht heilen.
Die Sensibilität, die Gefühlswahrnehmung der betroffenen Extremität ist eingeschränkt oder fällt komplett aus. Außerdem können Schmerzen und Missempfindungen auftreten. Das kann dazu führen, dass das Tier versucht, das betroffene Bein abzubeißen. Dieses Phänomen wird Selbstverstümmelung oder Automutilation genannt.
Ein Ausfall der Tiefensensibilität führt ebenfalls dazu, dass das Tier die Stellung des betroffenen Beines nicht mehr richtig einschätzen kann. Dies erschwert die Koordination der Bewegungen deutlich.

Die Muskeln, die nicht mehr aktiviert werden können, verkümmern sehr schnell. Diese sogenannte Muskelatrophie ist gut zu sehen: Die atrophierten Muskelpartien sind auf der betroffenen Seite ersichtlich schmaler und dünner als auf der gesunden Seite.
Gefürchtete Komplikationen
Wird das Bein permanent in Beugestellung gehalten, verkürzen nach einiger Zeit die Sehnen der Beugemuskeln, da sie wegen der fehlenden Bewegung keine Dehnung mehr erfahren. In dieser Zeit ist es wichtig, Komplikationen zu verhindern. Es entsteht eine Beugesehnen Kontraktur. Die Beugesehnen-Verkürzung ist eine große Gefahr, weil sie sich kaum mehr rückgängig machen lässt und so auf Dauer normales Gehen verhindert.
Therapie - Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer Radialisparese?
Nervenzellen können sich unter bestimmten Bedingungen wieder regenerieren. Ist die Verletzung nicht zu groß und die Strecke nicht zu lang, und ist die Umhüllung der Nerven möglichst intakt geblieben, können die Nervenzellen wieder zusammenwachsen.
Neben der ärztlichen Behandlung und Nahrungsergänzung z.B. Vitamin B Komplex, spielt die Physiotherapie eine wichtige Rolle.
Dabei geht es darum, den Bewegungsapparat zu stimulieren und die mit der Muskellähmung einhergehenden Beschwerden zu lindern. Nervenzellen können sich regenerieren, es ist ein langer Weg, aber es ist erfolgversprechend, sofern keine komplette Durchtrennung des Nervus radialis vorliegt.

Mehrmals wöchentliche Physiotherapie, und tägliche Übungen (Hausaufgaben) für die Besitzer.
⚠️ Um einer Beugesehnen- und Muskel- Kontraktur entgegenzuwirken:
‼️ Haben sich diese nämlich erst einmal manifestiert, stehen die Chancen auf ein normales Gangbild äußerst schlecht.
👉 Massagen/Igelballmassagen, Bürstenmassagen
👉 Reizstrom
👉 passives Bewegen des Pfötchens/Vorderbeins
👉 Lasertherapie
👉 Schallwellentherapie
👉 Taping
👉 viel Ruhe
👉 Springen vermeiden
Bei Fragen oder für weitere Infos zu mir und meinem Therapieangebot schaut gerne unter:
Oder meldet euch gerne bei mir:
Mo-Fr 9-19 Uhr, Sa 9-15 Uhr
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Eure Andrea Küster
Zertifizierte Tierphysiotherapeutin
Mobile Tierphysiotherapie, Osteopathie für Hunde, Katzen und Pferde - Essen NRW und umliegende Städte:
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Text Auszüge/Quelle: https://www.herzenstier.com/blogs/diagnosen/radialisparese
Fotos/RöBi: © InTakt Tierphysiotherapie